New Mexico 13 <<<

20140910_092547

Ole hat mir das Eckzimmer zugewiesen. Auch hier reichen die Fenster bis zum Boden und ich kann das ganze Tal überblicken. Während ich mich noch an der Aussicht erfreue, bringt Jack mir meine ziemlich umfangreiche Reisetasche. Ich bedanke mich bei ihm und füge an, dass ich halt nicht so leicht reise wie sein Vater. Wir grinsen uns an und erinnern uns, wie Ole und Jack mich vor vielen Jahren  in Luzern besuchten. Es war kurz vor Weihnachten, Schnee war gefallen, da erreichte mich eines Morgens der besorgte Anruf einer Nachbarin im Geschäft, da würden fremde Gestalten um mein Haus schleichen und ob sie die Polizei rufen solle? Fremde Gestalten, erwiderte ich? Ein Mann und ein Junge, sicher Zigeuner oder so, meinte meine Nachbarin und, ja der grössere trage bloss Zoccoli und, warten Sie einen Moment – und ich stellte mir vor, wie die gute Frau mit dem Hörer am Ohr den Vorhang zur Seite schob um besser beobachten zu können – ja und der Junge habe soeben dem Grossen einen Schneeball an den Kopf geworfen und sei davon gerannt und jetzt stünde dieser mit blossen Füssen im Schnee und das sei doch nicht normal…   Hier unterbrach ich den Wortschwall und klärte die Nachbarin über meine Freunde auf, dass diese erst gestern aus Indien kommend bei mir eingetroffen wären und das Winterschuhwerk noch im Gepäck sei, was wiederum die Nachbarin dazu bewegte, sich bei mir wegen der ‚Zigeuner‘ zu entschuldigen, worauf ich antwortete, das sei schon richtig, meine Freunde, Vater und Sohn, könne man ohne weiteres als moderne Nomaden bezeichnen und übrigens danke ich ihr für den Anruf, man wisse ja nie undsoweiter. Als Ole und Jack, damals etwa zehnjährig, bei mir eintrudelten, bestand Oles Gepäck bloss aus einem Plastiksack. Darin waren seine Zahnbürste, je ein Hemd, ein Sockenpaar und eine Unterhose, basta. Seine restlichen Sachen trug er auf sich. Im dürftigen Rucksack befanden sich nur Sachen von Jack, vor allem Comic-Hefte. Es gab hie und da Stimmen, vor allem aus meinem weiblichen Umfeld, welche es sich nicht verkneifen konnten darauf hinzuweisen, dass Ole eine etwas scharfe Ausdünstung habe. Das war richtig, hatte aber nichts mit mangelnder Hygiene zu tun sondern damit, dass er nicht genug Wäsche zum Wechseln dabei hatte….

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