New Mexico 9 <<<

20140910_092555   

Von Klause kann keine Rede sein – Oles Haus übertrifft in den Dimensionen und der Einrichtung meine kühnsten Erwartungen bei weitem. Er hatte mir vor Jahren bereits einige Schnellabzüge von den Zimmern gesendet, da er eigentlich so etwas wie ein Bed and Breakfast aufziehen wollte. Doch verwarf er später diese Idee wieder, als er das Alleinsein zu geniessen begann.

Da tritt mein Freund auch schon durch die Tür und wir begrüssen uns mit einer kurzen Umarmung. Ich stelle fest, dass Ole seit unserem letzten Treffen deutlich grauer im Fell geworden ist, auch geht er etwas gebeugt. Wie früher strahlt er jedoch noch immer gleichzeitig Vitalität und Gelassenheit aus – eine spannende Mischung, finde ich.

Ole hat ‚was Kleines‘, wie er meint, zum Essen vorbereitet und so sitzen Jack und ich bereits am langen Esstisch, während Ole, Meister der Eintöpfe, am Herd in den Pfannen rührt und dabei, immer quasselnd (früher gleichzeitig am herumgereichten Joint ziehend) die Neuigkeiten von sich gibt. Sie hätten eine Scheissheuschreckenplage und er habe deshalb nur wenig selbstgezogenes Gemüse aus seinem Treibhaus. Alle Pflanzen im Garten seien vernichtet worden, schuld sei der letzte Winter, welcher viel zu mild gewesen sei. Ob ich immer noch abstinent sei und was dagegen habe, wenn er etwas zerhacktes Gras in die Speise mische? Ich winke ab, da ich mich seit etlichen Jahren vom Cannabis verabschiedet habe – seitdem ich mich ernsthaft mit Yoga und Meditation beschäftige.  Jack  seinerseits zieht Bier dem Hanf vor. Oles Eintopf besteht aus verschiedenen Gemüsen mit viel Zwiebeln (welche viel bekömmlicher sind als bei uns, da sie weniger Säure haben), Knoblauch und Curry mit einem gehörigen Chilianteil. Das Gericht ist sehr schmackhaft – wie alles, was Ole in den nächsten Tagen und Wochen aus seinen Pfannen zaubert. Dann schildert mir mein Freund, dem das veredelte Gemüse die auch sonst lockere Zunge zusätzlich beflügelt, wie er vor nunmehr fast zwanzig Jahren das grosse Haus gebaut hatte. Er konnte von einer verlassenen Kohlemine dicke, fünf Meter lange Hartholzbalken gratis beziehen, musste nur den Transport bezahlen. Sie bilden das Gerippe des Hauses und sind mir natürlich beim Eintreten sofort ins Auge gefallen. Nur mit Flaschenzügen ausgerüstet und unter Mithilfe von zwei Typen, einem Vollalkoholiker, welcher dauernd seinen Flachmann konsultieren musste und einem Halbschlauen, war Ole nervlich am Ende, als das Haus nach langen Monaten und vielen Unterbrüchen endlich bezugsbereit war. Einmal wären sie von einem herunterstürzenden Balken beinahe erschlagen worden, worauf sich einer seiner grandiosen Helfer auf Nimmerwiedersehen verdünnte. Wenn er kurz darauf nicht Jesse kennengelernt hätte, seinen einzigen richtigen Freund in der Gegend, wäre das Haus vielleicht nie richtig fertig geworden.

Dieser Jesse sei einer dieser ‚wierdos‘, welche er bei der Hinfahrt erwähnt habe, ergänzt Jack mit breitem Grinsen. Von ihm werde ich noch einiges zu berichten haben, der geneigte Leser darf gespannt sein…..

 

Hinterlasse einen Kommentar